Stich des Klosters aus dem „Churbaierischen Atlas“ des
Anton Wilhelm Ertl 1687
Das Kloster Rohr ist ein
ehemaliges Kloster der Augustiner-Chorherren und
heute eine Benediktinerabtei in Rohr in Niederbayern in
der Diözese Regensburg, die
zur Bayerischen
Benediktinerkongregation gehört. Die offizielle
Bezeichnung ist: Abtei zum heiligen Wenzel zu Braunau in Rohr.
Geschichte
Das
Augustiner-Chorherrenstift (1133–1803)
Der Stifter Adalbert von Rohr (Stich der Grabplatte)
1133 übergab der Edle Adalbert von Rohr, dem im Jahr zuvor seine
Gattin nach kinderloser Ehe gestorben war, seinen Besitz dem
Regensburger Bischof unter der Bedingung, in Rohr ein
Augustiner-Chorherrenstift zu errichten, dem er sich selber
anschließen wollte. Am 10. Oktober 1133 bestellte
Bischof Heinrich I. Bruno
zum ersten Propst der Neugründung; woher er und die
ersten Chorherren kamen, ist nicht überliefert. 1136 nahm
Papst Innozenz II. das Kloster in
apostolischen Schutz und bestätigte die Augustinerregel, ebenso
Papst Eugen III. im Jahr 1153. 1158 nahm
Kaiser Friedrich Barbarossa auf Bitten
des Propstes das Stift in den kaiserlichen Schutz und bestätigte
den Klosterbesitz. Ab 1138 hatten die Abensberger die Stiftsvogtei inne, bis diese mit ihrem
Aussterben 1485 an die Wittelsbacher überging.
Das Stift entwickelte sich in seinem ersten Jahrhundert gut. Mitte
des 13. Jahrhunderts kam es zu einer Krise; zum einen musste sich
das Stift der Übergriffe der Grafen von Moosburg erwehren, zum
anderen kam es innerhalb des Konventes zu Differenzen.
Bischof Leo von Regensburg sah sich
gezwungen, Propst Konrad II. (1269–1270) für 16 Monate seines
Amtes zu entheben, da dieser mit seinem Konvent in Streit lag.
Danach erholte sich das Stift wieder.
Zu Beginn des 15. Jahrhunderts kam es zu einer erneuten Krise und
zu einem raschen Verfall, ohne dass die Ursachen letztlich
erkennbar sind. Hierauf setzten der bayerische Herzog und der
Regensburger Bischof den Augustinerchorherr Petrus Fries aus dem
Reformstift Indersdorf als Propst in Rohr
ein. Er kam mit fünf Chorherren und seine Reformtätigkeit trug bald
Früchte; daher wird er auch als „zweiter Gründer“ des
Stiftes bezeichnet. Als Fries 1452 von Nikolaus von
Kues zum Visitator der bayerischen
Augustinerchorherrenstifte ernannt wurde, war Rohr selbst zu einem
Zentrum der Reformbewegung geworden.
Im Landshuter
Erbfolgekrieg wurden Markt und Stift Rohr stark
beschädigt. In der Reformationszeit schmolz der Konvent
zwar stark zusammen, hielt aber streng an der Ordensregel und am
alten Glauben fest. In der Gegenreformation stieg die Zahl
der Rohrer Chorherren wieder. 1595 verlieh Papst Clemens VIII. Propst Johann
Holnsteiner (1589–1630) die Pontifikalien. Da das Stift
wirtschaftlich gesund war, konnten Kirche und Kloster nunmehr
baulich instand gesetzt werden. 1632 kam es jedoch zur Katastrophe,
als im Dreißigjährigen Krieg der
Schwedenkönig Gustav AdolfRohr zerstörte.
Das Kloster ging in Flammen auf, nur die Kirche und einige
Wirtschaftsgebäude blieben verschont. Die kaiserlichen Truppen, die
sich 1648 in Rohr einquartierten, zeigten sich nicht besser als die
Schweden; nunmehr wurden die wertvolle Bibliothek und ein Teil des
Klosterarchivs ein Raub des von ihnen gelegten Brandes. Auch die
Kirche wurde schwer in Mitleidenschaft gezogen.
Detail des Hochaltars von Egid Quirin Asam
Kloster Rohr: Abteikirche Mariä Himmelfahrt (Asamkirche):
Innenraum
Nach dem Westfälischen Frieden 1648
erholte sich das Stift wieder. 1682 begann unter
Propst Patritius Freiherr von
Heydon eine neue erfolgreiche Stiftsära. Während seiner
48-jährigen Regierungszeit (er starb 1730) wurden die Stiftsgebäude
und die Kirche in barocker Pracht neu errichtet. Den Hochaltar der
Stiftskirche, der die Himmelfahrt
Mariens vollplastisch als „Theatrum sacrum“ darstellt,
schuf Egid Quirin Asam von 1722 bis
1723; vielleicht war er nicht nur der Ausstatter, sondern auch der
Baumeister der Kirche.
Die Orgel wurde 1725 von Johann Konrad
Brandenstein gebaut. 2006 erhielt sie ein neues Orgelwerk
von Metzler Orgelbau mit
29 Registern auf zwei Manualen
und Pedal.
1715 schloss sich das Stift der Lateranensischen
Kongregation an. 1760/61 wurde als letzter Bauabschnitt
der Ostflügel des Klosters fertiggestellt.
Nicht nur äußerlich, auch innerlich ging es dem Stift gut. So
schickte man Chorherren zum Studium nach Ingolstadt, Dillingen und Rom. Man
pflegte die Instrumentalmusik, gründete ein Sänger-Knabenkonvikt
und eine Realschule und man betätigte sich wissenschaftlich.
Die Säkularisation, die am 29.
März 1803 dem letzten Propst Petrus Pustet verkündet wurde,
beendete ein blühendes Klosterleben. Die Stiftsgebäude gingen in
Privatbesitz über und wurden zur Hälfte abgerissen. Im Ostflügel
des Klosters wurden der Pfarrhof und eine Schule untergebracht, in
einem Teil des Westflügels ein Wirtshaus eingerichtet. Die
Stiftskirche durfte als Pfarrkirche überleben; zerstört wurde aber
die Heiliggeistkapelle, die Grablege der Abensberger und der Rohrer
Pröpste.
Wiederbelebungsversuche
des 19. Jahrhunderts[Bearbeiten | Quelltext
bearbeiten]
1880 versuchten Zisterzienserinnen vom Kloster Seligenthal
Landshut und 1890 Prämonstratenser vom Stift Wilten eine Wiederbelebung
klösterlichen Lebens in Rohr; beide Versuche scheiterten.
Neubelebung als
Benediktinerabtei im 20. Jahrhundert[Bearbeiten | Quelltext
bearbeiten]
Nach dem Zweiten Weltkrieg ließen sich
1946 im ehemaligen Kloster die heimatvertriebenen
Benediktinermönche aus dem böhmischen Kloster Braunau nieder. Sie weihten
ihr neues Kloster dem heiligen Wenzel. Dominik Prokop, der bereits
1929 zum Abt des Doppelklosters Braunau-Břevnov gewählt worden
war, amtierte in Rohr bis 1969. Ihm folgten Virgil Kinzel
(1970–1988) sowie Johannes
Zeschick (1988–2002). Vom 2. Juni 2002 bis 3. Juli
2010 wurde das Kloster von Abt Gregor Zippel geleitet. Er war der
vierte Abt des Klosters Rohr und zugleich der 62. Abt des Klosters
Braunau. Von 2010 bis 2016 war Abt Markus
Eller Administrator der benediktinischen Gemeinschaft.
Seit 2016 steht Abt Barnabas Bögle vom Kloster Ettalder Benediktinerabtei als
Abt-Administrator vor.
Die Benediktinermönche gründeten 1947 in Rohr das Johannes-Nepomuk-Gymnasium,
welches in der alten Tradition des Braunauer Stiftsgymnasiums
steht.
Eng verbunden mit dem Kloster Rohr sind die nach der Vertreibung
aus der Tschechoslowakei als Ackermann-Gemeinde zusammengeschlossenen
katholischen Sudetendeutschen, die zusammen mit
ihrem Jugendverband Junge Aktion viele Veranstaltungen im
Kloster durchführen.